«Qualitativ ist recyceltes Aluminium genauso gut wie Primäraluminium – mit dem Vorteil, dass es umweltschonender ist.»
RONAL-Re: Weil recyceltes Aluminium genauso gut ist
Projektleiter Martin Wyss und Projektmitglied Patric Steeg im Interview über das interne Projekt RONAL-Re ( RONAL Aluminium Wheel Recycling ).
Martin Wyss, was versteht man unter recyceltem Aluminium?
MARTIN WYSS Damit es als recyceltes Material gilt, muss die Legierung eines Rads einen Anteil von mehr als 60% recyceltem Aluminium aufweisen. Von diesen 60% müssen mindestens 25% Post-Consumer-Material sein. Das ist Aluminium aus Abfällen von Haushalten sowie gewerblichen und industriellen Einrichtungen, das nicht mehr für den vorgesehenen Zweck verwendet werden kann, z.B. Schrott-Räder. Die restlichen 35% können Pre-Consumer-Schrott sein, also Material, das während des Herstellungsprozesses als Abfall entsteht. Räder aus Tests und Qualitätsprüfungen etwa, oder Krätze, Steiger und lackierte Späne, die durch einen zusätzlichen Prozessschritt für die Wiederverwendung aufbereitet werden.
Patric Steeg, ist recyceltes Aluminium überhaupt für die Räder der RONAL GROUP geeignet?
PATRIC STEEG Auf jeden Fall! Qualitativ ist recyceltes Aluminium nämlich genauso gut wie Primäraluminium – mit dem Vorteil, dass es umweltschonender ist. Den besten Beweis dafür liefert die erfolgreiche Entwicklung unseres CO2-neutralen Rads R70-blue, das mehrheitlich aus recyceltem Aluminium besteht. Nun gilt es den Prozess zur Gewinnung der Recycling-Legierungen und die Produktion der Räder aus dem Pilotprojekt R70-blue zu industrialisieren. Und genau darum geht es auch im Projekt RONAL-Re.
Wie geht ihr im Projekt dabei vor?
MARTIN WYSS Grundsätzlich gilt es zu klären, wie und woher wir recyceltes Aluminium beschaffen können. Aber auch, wie und wo es verarbeitet wird, welchen Einfluss es auf die Produktionsprozesse und auf die Qualität der Räder hat und welche Aluminium-Rezeptur ( Verhältnis von Post- / Pre-Consumer / Primäraluminium ) am besten geeignet ist und die CO2-Emissionen am stärksten senkt. Die Antworten erarbeiten wir in mehreren Phasen entlang einer Roadmap. Das Ziel ist es, bis 2030 / 31 den Anteil an recyceltem Aluminium schrittweise zu erhöhen.
RONAL-Re ist im März 2021 gestartet. Welche Meilensteine wurden im ersten Jahr erreicht?
MARTIN WYSS Zum einen konnten wir die Roadmap zur Industrialisierung der End-to-End Prozesse für die Herstellung CO2-reduzierter Räder finalisieren. Wir haben Qualitätsprüfungen an Rädern mit unterschiedlich hohem Anteil an recyceltem Aluminium vorgenommen und erkannt: Räder mit mehr Sekundärmaterial weisen genauso gute Werte auf wie Räder mit Standardlegierung. Aber auch über die interne und externe Verarbeitung der Pre-Consumer-Schrotte haben wir entschieden.
Welche Herausforderungen gab es bisher?
PATRIC STEEG Herausfordernd waren einige Kapazitätsengpässe in den Werken, in denen wir Materialtests mit recyceltem Aluminium durchführen. Die Kundenversorgung hat natürlich jederzeit Priorität. Erst, wenn diese sichergestellt ist, können wir testen. Bei den Tests wird der Abguss mit den effektiven Rezepturen durchgeführt, was nur möglich ist, wenn ein Ofen aus der Produktion ausschliesslich für die Tests zur Verfügung steht. Da kann es schon mal vorkommen, dass ein geplanter Testlauf verschoben werden muss. Die grösste Challenge wird jedoch auf uns zukommen, wenn wir mit der Serienproduktion von Rädern mit erhöhtem Anteil recyceltem Aluminium beginnen. Beim Einsatz von recyceltem Aluminium ist die Auftragsabwicklung um einiges komplexer, von der Beschaffung des Aluminiums über die Sicherstellung der Lagerung bis hin zum Chargieren der Schmelze. Gleichzeitig muss die geforderte Qualität jederzeit sichergestellt sein und es dürfen keine Mehrkosten entstehen.
«Das Ziel ist es, bis 2030 / 31 den Anteil an recyceltem Aluminium schrittweise zu erhöhen.»
RONAL-RE: DAS RECYCLING-PROJEKT IM ÜBERBLICK
MEHR ALUMINIUM HEISST NICHT MEHR CO2
Prognosen zufolge soll der Aluminiumbedarf im Transportbereich in Europa stark wachsen. Schon im Jahr 2050 dürfte er 55% grösser sein als noch 2017. Die damit einhergehenden CO2-Emissionen müssen aber nicht mitwachsen. Primäraluminium, woraus die Räder der RONAL GROUP bestehen, trägt einen grossen Teil zum Carbon Footprint eines Rads bei. Würde das Primäraluminium durch inländisches End-of-Life-Aluminium ersetzt werden, könnten bis 2050 in Europa 46% der jährlichen CO2-Emissionen gespart werden.
Patric Steeg arbeitet seit 2009 bei der RONAL GROUP als Senior Key Account Manager. Seit 2021 ist er auch Projektteammitglied von RONAL-Re.
NEUES LEBEN FÜR ALTES ALUMINIUM
Genau hier setzt RONAL-Re an. Um die CO2-Emissionen in der Räderproduktion zu reduzieren, wurde im März 2021 das Projekt RONAL Aluminium Wheel Recycling ( kurz: RONAL-Re ) gestartet. Ziel dessen ist es, dass die RONAL GROUP in definierten Schritten ihren Bedarf an Primäraluminium reduziert. Ersetzt wird es durch Aluminium am Ende des Lebensweges und durch internes Kreislaufmaterial, das bereits heute zu fast 100% wieder dem Prozess zugeführt wird.
Martin Wyss arbeitet seit 2003 bei der RONAL GROUP als Group Area Head Group Tool Manufacturing. Seit 2021 ist er zusätzlich Projektleiter von RONAL-Re.
WIRKSAMKEIT IN ZAHLEN
Heute liegt die Substitutionsquote für Primäraluminium – also die Menge an Primärrohstoffen, die durch Recyclingstoffe ersetzt wird – bei circa 3%. Bis 2025 soll diese aber bei 30% und bis 2030 bei 50% liegen. Damit schafft RONAL-Re die Grundlage für das Nachhaltigkeitsziel von PLANBLUE, den Carbon Footprint der Prozesse und Räder der RONAL GROUP bis 2025 um 25% zu reduzieren im Vergleich zum Geschäftsjahr 2016 / 17.
Die folgende Grafik veranschaulicht die Ziele von RONAL-Re in Bezug auf die Zusammensetzung der Schmelze.